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Kroatische Bauwirtschaft trotzt dem Negativtrend

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In Kroatien fehlen Wohn- und Geschäftsimmobilien, davon profitiert die Bauwirtschaft. Zuletzt verlor der Wohnungsbau aufgrund steigender Baukosten und -zinsen an Schwung.

Bauindustrie

Kroatiens Bauwirtschaft zeigt sich in Krisenzeiten robust. Nach aktuellen Zahlen des kroatischen Statistikamtes wuchs das Bauvolumen in den ersten sieben Monaten 2023 um 3,5 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Im Gesamtjahr 2022 erreichte die Bauleistung einen Zuwachs von 3,9 Prozent. Der Anteil der Bruttowertschöpfung des Baugewerbes am Bruttoinlandsprodukt lag 2022 mit 4,8 Prozent nur leicht unter dem Vorjahr. Bauinvestitionen im Gebäudesektor treiben zurzeit die Dynamik. Die erbrachten Leistungen stiegen im Jahresvergleich in den ersten sieben Monaten 2023 um 6,9 Prozent. Das Wachstum hat sich allerdings zuletzt abgeschwächt. Nach einem starken 1. Quartal wuchs die Bauleistung von April bis Juni gegenüber dem gleichen Vorjahreszeitraum nur noch um 1,8 Prozent.

Im Vergleich zu den größeren EU-Nachbarländern, deren Bauwirtschaft aufgrund der makroökonomischen und geopolitischen Unsicherheiten im Krisenmodus ist, steht die Branche in Kroatien verhältnismäßig gut da. Das liegt vor allem an dem nach wie vor unterentwickelten Immobilienmarkt des Landes. Es mangelt an Objekten in allen Segmenten: Wohnungen, Büro- und Lagergebäude sowie Hotels, um den Wirtschaftsmotor Tourismus am Laufen zu halten. Auch gilt der Gebäudebestand als überaltert und aus energetischen Gesichtspunkten sanierungsbedürftig. Im Infrastrukturbau besteht ebenfalls großer Nachholbedarf, besonders beim Ausbau Erneuerbarer Energien und des Schienennetzes. Kroatien profitiert von EU-Mitteln aus dem Wiederaufbaufonds (ARF) und dem Kohäsionsfonds. Außerdem ist die Bauwirtschaft noch immer mit der Schadensbeseitigung nach den großen Erdbeben im Jahr 2020 beschäftigt.

Flaute beim Wohnungsbau, Hotelbau nimmt Fahrt auf

Steigende Baustoffpreise und Bauzinsen setzen dem privaten Wohnungsbau zu. Die Gesamtzahl der bewilligten Bauanträge lag in den ersten sieben Monaten 2023 zwar um 1,8 Prozent höher als im Vorjahreszeitraum, für den Wohnungsbau gingen die Baugenehmigungen in einigen Segmenten aber bis zu 10 Prozent zurück. Überdurchschnittlich stieg die Zahl an Baugenehmigungen für Nichtwohngebäude und Renovierungsarbeiten. Im Hotelbau wurde ein Plus von knapp 53 Prozent registriert. Auch Genehmigungen für Bausanierungen zogen um 17 Prozent an. Dabei ging es zum Teil um erdbebenbedingte Wiederaufbauarbeiten sowie um Maßnahmen zur energetischen Gebäudesanierung. EU-Gelder spielen bei der Finanzierung eine zentrale Rolle. Aus dem Solidaritätsfonds erhielt Kroatien für den Wiederaufbau rund 1 Milliarde Euro, womit bis Mitte 2023 Projekte im Gesamtwert von 3,3 Milliarden Euro beauftragt wurden. Bis zu 2 Milliarden Euro kann Kroatien aus dem ARF-Fonds für die energetische Gebäudesanierung nutzen.

Für 2024 ist von einem moderaten Wachstum der kroatischen Bauwirtschaft auszugehen. Die Nachfrage nach Wohnungen, Büros und Logistikzentren bleibt hoch. Am Hotelmarkt wird fleißig investiert, vor allem im höherpreisigen Segment. Hinzu kommt: 2024 ist Superwahljahr in Kroatien. Mit den Wahlen zum Europaparlament, den Parlamentswahlen und der Wahl des Staatspräsidenten muss sich die Politik gleich dreimal dem Urteil des Wahlvolks stellen. Oft werden im Vorfeld solcher Abstimmungen öffentliche Investitionen angestoßen, um sich die Gunst der Wähler zu sichern. Landesweit sind jetzt schon größere Investitionen in das bislang vernachlässigte Schienennetz geplant. Die Baubranche erwartet außerdem mehr Interesse an energetischer Gebäudesanierung. Igor Kemenović, Präsident des Verbands der Hersteller für Fassaden- und Wärmedämmungsprodukte (HUPFAS), spricht von einem spürbaren Stimmungswandel der Haus- und Wohnungseigentümer. Ein neues Förderprogramm für Eigenheimbesitzer ist für den Herbst angekündigt.

Branchenstruktur und Rahmenbedingungen

In der kroatischen Baubranche dominieren Klein- und Kleinstunternehmen. Von den 2021 registrierten rund 26.700 Baubetrieben beschäftigten 96 Prozent weniger als 20 Mitarbeiter. Die etwas mehr als 1.000 größeren Unternehmen erbrachten 2021 allerdings knapp 85 Prozent der gesamten Bauleistung. Experten beschreiben den kroatischen Baumarkt als stark reguliert, die Einholung einer Baugenehmigung kann zeitaufwendig sein. Seit 2019 ist das Antragsverfahren digitalisiert, inwieweit das den Prozess beschleunigt, hängt vom konkreten Bauprojekt ab. Bei Beteiligungen an öffentlichen Ausschreibungen ist es immer sinnvoll, mit einem lokalen Partner zusammenzuarbeiten. Den Zuschlag erhält das wirtschaftlichste Angebot: Ausschlaggebend ist der Preis, Qualitätskriterien werden aber auch berücksichtigt. Das Amtsblatt Narodne novine betreibt eine zentrale elektronische Ausschreibungsplattform. Eine neue Einstiegsseite wird ab 2024 online gehen.

Bessere Zugangsbedingungen für ausländische Arbeitskräfte 

Eine Achillesferse der kroatischen Bauwirtschaft ist der chronische Fachkräftemangel, weshalb kroatische Baufirmen zunehmend auf ausländische Arbeitskräfte angewiesen sind. Anfang 2023 schätzte das Innenministerium, dass der Anteil ausländischer Arbeitnehmer in Kroatien bereits bei 10 Prozent liegt. Dabei werden Fachkräfte zunehmend in Asien angeworben. Die kroatische Regierung hat für Anfang 2024 eine weitere Liberalisierung des Einwanderungsgesetzes angekündigt. Ein Allheilmittel ist die Arbeitsmigration allerdings auch nicht, sie erhöht die Arbeitskosten deutlich und ist im technischen Bereich an spezifische Qualifikationen gebunden. Nicht zuletzt birgt sie gesellschaftliches Konfliktpotenzial, zumal Kroatien keine aktive Integrationspolitik betreibt.

Kroatiens Importe an Baustoffen wachsen seit Jahren stetig. Für die wichtigsten Baustoffe lagen sie 2022 bei 1,5 Milliarden Euro. Knapp 12 Prozent davon kamen aus Deutschland, mit leicht überdurchschnittlichen Zahlen für die Einfuhr von Schlössern und Rohren. Dämmmaterialien stammen überwiegend aus inländischer Produktion oder aus der Region. Die Knauf-Gruppe betreibt in Kroatien große Werke für Dämmstoffe und Gipsplatten. Der Bedarf an Fenstern und Außentüren wird fast vollständig aus Importen abgedeckt, die sich zwischen 2018 und 2022 beinah verdoppelten. Der Marktanteil deutscher Hersteller sank in dem Zeitraum leicht auf 11 Prozent. Hier können deutsche Firmen wieder Boden gutmachen. Dies auch vor dem Hintergrund, dass Marktexperten einen Trend zu nachhaltigen und qualitativ hochwertigen Baustoffen und Bauelementen beobachten, während in der Vergangenheit häufig der Preis die Kaufentscheidung der Bauherren bestimmte.

Quelle: GTAI

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